Andreas Wacker
Bildpaare
In den letzten zwei Jahrzehnten haben die Welt und das Web tiefgreifende Veränderungen durchlaufen. Mit dem Beginn des neuen Jahrtausends gab Bildpaare Einblicke in diese Entwicklungen und dient als Zeugnis einer Zeit, bevor die großen sozialen Medienplattformen, die wir heute kennen, dominant wurden. Es ist dabei mehr als nur ein Bildarchiv, es bietet ein Fenster in eine besondere Phase der Mediengeschichte.Die 2000er Jahre markierten einen entscheidenden Wandel in der fotografischen Praxis und ermöglichten neue Kombinationen von Technologie und Kunst. Kompakte Digitalkameras revolutionierten die Bildaufnahme, indem sie Fotografen von den Einschränkungen des Films und schwerer Ausrüstung befreiten. Es war eine Ära der ungehinderten Dokumentation des täglichen Lebens, eine Epoche, die bald der Allgegenwart von Smartphone-Kameras und einer zunehmenden visuellen Überladung Platz machen würde.
Im Kern feiert Bildpaare die Kunst der Gegenüberstellung, indem es Bilder nach dem Zufallsprinzip zusammenführt, um einen einzigartigen visuellen Dialog zu entfachen. Hier spielt die Interpretation des Betrachters eine essentielle Rolle, der als unsichtbares drittes Element die Narration immer wieder von neuem vervollständigt.
Die gezeigten Bilder besetzen einen einzigartigen Raum: Sie bewahren das Gewicht einer vor-digitalen Ära, in der die Erstellung eines Bildes große Anstrengung erforderte, doch als digitale Artefakte tragen sie zu einem illusorischen Gefühl von visueller Fülle bei.
Die Bilder, hauptsächlich in Südkalifornien und Deutschland aufgenommen, spiegeln den binationalen Lebensstil ihres Schöpfers wider, der zwischen dem ländlichen deutschen Familienleben und der Medienwelt von Los Angeles pendelt. Diese ständige Bewegung sorgt für eine fortwährend sich entwickelnde Perspektive.
Mit der Entwicklung des Internets verschob sich das Verhältnis von Bildern zu Betrachtern dramatisch. Die Praxis von Bildpaare, alle vier Sekunden Bilder zu aktualisieren, einst ein schnelles Tempo, bietet nun einen markanten Kontrast zum endlosen visuellen Scrollen, das unsere Fingerspitzen jeden Tag auf unseren Geräten entfesseln.
Entgegen digitalen Trends verzichtet Bildpaare auf Likes, Kommentare oder Teilen-Optionen und präsentiert stattdessen einen reinen, ununterbrochenen Bilderstrom, der eine ablenkungsfreie Betrachtung und eine tiefere Auseinandersetzung mit seinen visuellen Erzählungen ermöglicht.
Beim Vergleich mit Gerhard Vormwalds Abhandlung wird deutlich, dass Vormwald die Intention der Kreation als Schlüsselelement betrachtet. Im Gegensatz dazu negiert Wacker diese durch die zufällige Kombination der Bilder. Alleinig verbleibend ist somit die Interpretation des Betrachters.
Zugleich Zeitdokument und Chronik verfolgt Bildpaare die Entwicklungen in der Praxis des Festhaltens von Momenten über die jüngere Geschichte. Mehr als eine Website ist es eine fortlaufende Erzählung, die die ineinander verwobenen Wege von Fotografie, Technologie und Gesellschaft zusammenführt.
In sein drittes Jahrzehnt tretend, bietet Bildpaare weiterhin eine einzigartige Perspektive auf eine sich verändernde Welt, ein Bildpaar nach dem anderen.